Der Vollmondtanz
Die Abendstund legt ihren schwarzen Mantel über die schlafende Welt.
Ein Sternenmeer schmückt den Horizont, erleuchtet das weite Firmament.
Aus der tiefe des Waldes im dichten Gehölz, funkeln Augen wilder Tiere.
Ihre Blicke verfolgen die hastigen Schritte einer engelsgleichen Dirne
mit braungelocktem Haar.
Ihre weiblichen Formen schimmern schwach durch ihr dünnes, weißes Kleid.
Man sieht ihre Haut beinah.
Alleine im dunkeln, scheint sie doch ohne Furcht zu sein.
In Eile schreitet sie voran. Ihr Ziel ist nicht mehr fern.
Am Ufer eines kleinen Sees verweilt eine männliche Gestalt.
Nackt, wie Gott ihn schuf, hockt er dort am kleinen Strand.
Einzig seine schwarze, lange Mähne bedeckt sein anmutiges Wesen.
Sein ästhetisches Ebenbild spiegelt sich im Wasser der einsamen Bucht.
So hört er dann die Stimme, so zart wie ein warmer Sommerregen.
Ruft seinen Namen, hat endlich gefunden, wonach sie so lange hat gesucht.
Sie streift ihr weißes Kleid herunter. Es fällt sanft in den kalten Sand.
Bereit zu der wollüstigen Stunde, ergreift Sie seine ausgestreckte Hand.
Viel zu lange ersehnten sie sich diesen, von Lust getriebenen, Augenblick.
So geben sie sich der Sünde hin und die Begierde kennt kein zurück.
Ihre Leiber umschlingen sich, ohne ein Wort zu sagen.
Verschmelzt sind ihre Körper und der Wind heult sein trauriges Lied.
Erschöpft liegen sie sich am Ende in den Armen.
Wohlwissend, dass der furchtbare Fluch nicht viel Zeit ihnen gibt.
Dann in der weiten Ferne ertönt ein schallender Glockenschlag.
Er durchbricht die schweigende Stille, läutet zur Mitternacht.
Rasch erheben die liebenden ihre beschwingten Glieder.
Abschiednehmend blickt er in ihr trauriges Gesicht.
Zum nächsten Tanz bei Vollmond sehen sie sich wieder.
Zum Wolf geworden kehrt er in den tiefen Wald zurück.
>>Michael Deffland<<
Der finstere Lord
Der Mondschein wirft sein Licht in die Dunkelheit hinab.
Erleuchtet schwach ein fahles Grab.
Ein Schatten huscht durch die Finsternis.
Sucht seinen Weg ins Ungewiss.
Einst hat man ihn für tot befunden,
begrub ihn an diesem heiligen Ort.
Neugeboren, die neue Welt zu erkunden,
erschuf die Unsterblichkeit einen finsteren Lord.
Sein Leib umhüllt in schwarzem Gewand,
so schleicht er durch die Nacht.
Vom Sonnenlicht wurde er verbannt.
Es war der Preis für seine Macht.
Verlorene Seelen sinken in seinen Armen nieder,
er gibt ihnen den tödlichen Kuss.
Auferstanden singen sie mit den Wölfen Lieder.
Eine Armee, wie ein reißender schwarzer Fluss.
Lodernde Welle des Feuers. Entstanden aus einer einzigen Glut.
Walzt den Glauben nieder und trachtet nach des Menschen Blut.
Niemand kennt seinen wahren Namen.
Niemand kennt sein Gesicht.
Er wurde in die Verdammnis geschlagen,
auch sein Flehen half ihm nicht.
Auf dem Feldzug der Rache wandelt er nun hier und dort.
Sammelt seine Heeresscharen, ein neues Reich er baut.
In dem fahlen, kalten Licht des Mondes Schein,
schleppt er die verlorenen Seelen fort.
Vor Jahrhunderten stand er noch ganz allein.
Jetzt ist er bald am Ziel. Der finstere Lord.
>>Michael Deffland<<
Die Eiskönigin
Vergessen hat er woher er kam.
Verloren in einer Welt aus Eis.
Verschneite Kälte bringt ihm den Tode nah.
Erschöpft, ohne Widerwehr soll`s so sein.
Mit dem letzten Atemzug erblickt er dann,
ein weibliches Wesen wunderschön und rein.
Wie im Traum erscheint sie ihm,
ihr Leib ist nur gering bedeckt.
Schwarzes langes Haar fällt hinunter bis zu ihrer Scham.
Ihre Haut ist kalt und weiß, ihre Augen doch so warm.
Der Wind ist ihr Begleiter, lässt sie über dem Boden schweben.
Sie ist einzig und allein, von Legenden und Sagen umgeben.
Sie ist die Herrscherin dieser Welt, sie ist die Eiskönigin.
So spricht sie nun mit lieblicher und mächtiger Stimm:
"Ich will dir dein Leben schenken.
Doch du musst dafür einen Preis bezahlen.
Du darfst niemals irgendjemanden von mir erzählen,
versprich mir dies für immer als Geheimnis zu bewahren."
Mit dem gegebenen Versprechen erwartet ihn ein neues Leben.
So trifft er eines Tages erneut ein weibliches schönes Wesen.
Sie schenkt ihm eine Tochter, Liebe und unendliches Glück.
Zehn Jahre vergingen in unglaublich seliger Zufriedenheit.
Dennoch dachte er oft an den längst vergangenen Tag zurück.
Als Geschenk der Liebe, er sich dann von dem Geheimnis befreit.
Mit Tränen in den Augen erhebt die Liebste ihr Haupt
und es ertönt wieder jene lieblich, mächtige Stimm.
"Du hattest es einst versprochen und ich habe dir vertraut.
Der Bann ist nun gebrochen, ICH bin die Eiskönigin!"
Hat sie einst das Leben gegeben, so hat sie es nun genommen.
Die Prinzessin des Eises begleitet sie, woher sie ist gekommen.
Based on a Chinese Tale, >>Michael Deffland<<
Der letzte Mensch
Niemand hört ihn kommen, niemand kann ihn sehen.
Ein Dieb in der Nacht. Schleicht sich leise und schnell heran.
Er darf keine Gnade kennen, nein es hilft kein Flehen.
Heilig, vom Himmel gesandt. Nennt sich des Todes Untertan.
Im Dienste des Schattenreichs nahm er es mitleidig hin.
Denn eines Tages sollte er holen, des stolzen Vaters Sohn.
Vom Zweifel geplagt, fragte er plötzlich nach dem Sinn.
Legte seine Waffe nieder und bekam einen bitteren Lohn.
So wurde er verdammt. Verbannt aus dem Garten Eden.
Wurde bestraft, der letzte Mensch auf Erden zu sein.
Für immer und in alle Ewigkeit, sollte er alles überleben.
Dann erst durfte er sterben. Einsam und ganz allein.
Erzähl uns von deinem Weg, deinem Leben.
Unter der aufgehenden Sonne und in mondesklarer Nacht.
War es ein Fluch oder vielleicht ein Segen?
Abgewandt von der barmherzigen und gnadenlosen Macht.
Oh sieh doch die hellen Lichter vom Himmel kommen.
Auf ein bitteres, lang ersehntes Ende fallen sie hernieder.
So wird nun des letzten Menschen Seele fortgenommen.
Heimwärts, findet er sich in den Armen eines Engels wieder.
Einst wurde er verdammt, verbannt aus dem Garten Eden.
Wurde bestraft, der letzte Mensch auf Erden zu sein.
Eins ist wohl Gewiss. Er wird niemals mehr Zweifel hegen.
Denn er erfuhr des Menschen Angst, Furcht und Pein.
>>Michael Deffland<<